Gestaltung und Pflege von Bonsai


 

Die Kunst des richtigen Düngens

Für ein gesundes Pflanzenwachstum gibt es wenige aber elementare Voraussetzungen: Kohlenstoff, Sauerstoff und Wasserstoff, also Luft, Wasser und Sonnenlicht. Ohne diese Grundvoraussetzungen kann keine Photosynthese stattfinden. Dazu kommen die Hauptnährstoffe Stickstoff, Phosphor, Kalium, Magnesium, Calcium und Schwefel. Mangelt es der Pflanze auch nur an einem dieser Stoffe, kann kein gesundes Wachsen, Blühen und Fruchten erfolgen, weil der Aufbau von Chlorophyll, Eiweißen, Fetten, Vitaminen und Hormonen nicht möglich ist. Auch einige wichtige Spurennährstoffe müssen den Pflanzen zur Verfügung stehen wie z.B. Bor, Kupfer, Mangan, Zink.

Wichtig ist, den Pflanzen nach der winterlichen Ruhephase zu einem zügigen Start in die neue Wachsumssaison zu verhelfen.

Düngen ist die Kunst, den Pflanzen während der gesamten Wachstumsperiode genau die Nährstoffe in genau der Menge zuzuführen, die sie brauchen, um gesund zu bleiben und sich gut zu entwickeln.

Auch wenn es nach einem entbehrungsreichen Winter in den Fingern juckt, mit dem Düngen beginnen wir im Frühling erst, wenn die Pflanzen in vollem Laub stehen, also meist gegen Ende April/Anfang Mai, bei Nadelbäumen um ca. 4 Wochen später. Bei jüngeren, noch im Aufbau befindlichen Exemplaren, kann bereits im Austrieb begonnen werden.
Mit organischen Düngern beginnen wir bereits ca. 4 Wochen früher, weil diese Dünger erst zeitverzögert wirken.

Das Düngen ist abhängig vom Entwicklungsstadium des Baums. Bei jungen, noch im Aufbau befindlichen Bonsai wird ein möglichst starkes Wachstum angestrebt, bei ausgereiften, „fertigen“ Bonsai halten wir den Zuwachs eher in Grenzen, um vor allem die Verzweigung im Aussenbereich der Krone zu verfeinern und Verdickungen der feinen Zweige zu vermeiden. Das erreichen wir bei jungen Bonsai über grosszügige, bei ausgereiften Pflanzen über eher sparsame Düngergaben.

Das oft empfohlene pauschale Einstellen der Düngung im Juli oder August ist widersinnig. Spätes Düngen führt zu Stammverdickung und verstärkter Kallusbildung und damit zu Wundverschluss, allerdings auch zu längeren Internodien und grösseren Blättern im Folgejahr.

 

Die wichtigsten Hauptnährstoffe sind

Stickstoff (N)

für gesundes Wachstum und den Zellaufbau aller Pflanzenteile.

Phosphat (P)

für gesundes Wurzelwachstum, Stärkung der pflanzeneigenen Abwehrkräfte, gesteigerte Frosthärte, Knospenbildung.

Kalium (K)

fördert durch Zuckerbildung die Blüten- und Fruchtbildung, dient dem Aushärten des Neutriebs und der Stärkung der Abwehrkräfte.

Neben den Hauptnährstoffen benötigen alle Pflanzen Spurenelemente.
Die wichtigsten sind:
Magnesium (Mg):

Neben Eisen ist Magnesium der wichtigste Bestandteil des Blattgrüns. Bei Mangel zeigen sich Aufhellungen an den Blättern, die Blattadern bleiben jedoch grün.

Mangan (Mn):

Ein Mangel ist zu erkennen an gelbbraunen Flecken auf älteren Blättern, die häufig mit Pilzerkrankungen verwechselt werden.

Schwefel (S):

Erscheint der junge Blattaustrieb hell gelbgrün und die Blattadern sind blassgelb, ist das ein untrügliches Zeichen für einen Mangel an Schwefel oder auch Eisen.

Eisen (Fe):

Eisenmangel ist leicht mit Schwefelmangel zu verwechseln, die Symptome sind beinahe identisch. Gegen Eisenmangel gibt es spezielle Eisendünger, ihre Anwendung erfolgt nach Herstellerangaben.


Wir können unsere Bonsai organisch oder mineralisch düngen. Generell ist wichtig, die von den Herstellern empfohlenen Anwendungsmengen keinesfalls zu erhöhen.

 

Düngen ist eine Glaubensfrage: Organische oder mineralische („chemische“), flüssige Düngung? Beide Methoden haben ihre Vor- und Nachteile und ihre Berechtigung.

 

Organische Düngung

beruht auf organischen Bestandteilen wie tierischen Abfallprodukten (tierische Exkremente, Horn- Knochen- Blutmehl, Haare) oder pflanzlichen Abfallstoffen wie Kompost, Mulch oder Reststoffen aus Produktionsvorgängen wie Rapsschrot usw.  Organische Dünger werden bei Bonsai und anderen Zierpflanzen üblicherweise in gepresster Form (z.B. Pellets) angewendet. Sie werden durch Kleinstlebewesen im Boden in Abhängigkeit von Temperatur und Feuchtigkeit langsam zersetzt, dadurch werden die Einzelnährstoffe nach und nach freigesetzt und können dann von den Wurzeln aufgenommen werden. Da für diesen Vorgang eine gewisse Boden-Mindesttemperatur (über 15 ° C) und Feuchtigkeit benötigt werden und die Zersetzung zeitverzögert erfolgt, ist die Freisetzung der pflanzenverfügbaren Nährstoffkomponenten nur schwer kontrollierbar.
Aus diesen Gründen wird organischer Dünger ca. 4 Wochen früher verabreicht wie mineralischer Dünger und entsprechend im Herbst auch früher abgesetzt. Ein Vorteil der organischen Düngung ist, dass eine Überversorgung („Überdüngung“, „Verbrennung“) nicht so leicht eintritt wie bei mineralischen Düngern.
Nicht uninteressant ist zu wissen, dass Moospolster, die mit organischen Düngepellets in Kontakt kommen, sich zunächst  schwarz oder braun verfärben und dann absterben. Das 

sollte vor allem berücksichtigt werden, wenn ein Bonsai ausgestellt und deshalb in seinem Gesamtbild möglichst makellos wirken soll.

 

Mineralische Düngung
Während organische Düngung zeitversetzt wirkt, wirkt die mineralische Düngung sofort.
Sie erfolgt entweder in flüssiger (in Wasser gelöster) Form als Konzentrat, das verdünnt werden muss oder gebrauchsfertig  oder als Granulat. Die Anwendung erfolgt strikt nach Gebrauchsanweisung, Überdosierung kann zu extremen Schädigungen der Pflanzen führen.

Granulat wird bei Bonsai – ebenso wie organische Düngerpellets – einfach aufgelegt und so mit dem Giesswasser in den Wurzelbereich eingeschwemmt. 
Konzentrate sind üblicherweise wie Flüssigdünger formuliert, enthalten aber eben wenig Wasser und sind durch gewicht- und raumsparende Abpackung preiswerter als gebrauchsfertige Flüssigdünger. Die Herstellung anwendungsfertiger Lösungen obliegt dem Anwender, die richtige Dosierung ist aber deutlich schwieriger als bei fertigen Düngerlosungen („Flüssigdünger“). Flüssigdünger können sehr viel besser an die jeweilige Pflanzenart und Jahreszeit angepasst werden. Gute Flüssigdünger enthalten neben den Basisnährstoffen Stickstoff (N), Phosphat (P) und Kalium (K) zusätzlich mehr oder weniger Spurenelemente. Die jeweilige Zusammensetzung der Basisnährstoffe wird auf der Verpackung als Zahlenkombination aufgedruckt, wobei die erste Zahl den Stickstoffgehalt, die Zweite den Phosphatgehalt und die dritte Zahl den Kaliumgehalt angibt. So sind z.B. die Kombinationen 8-8-6 und N8, P8 K6 inhaltlich identisch und bedeuten 8 % Stickstoff, 8 % Phosphat und 6 % Kalium. Diese relativ niedrigen prozentualen Anteile besagen auch, dass Flüssigdünger überwiegend aus Wasser bestehen, was wiederum ihre Anwendung und Dosierung stark vereinfacht.

Flüssigdünger können periodisch (z.B. wöchentlich, 2-wöchentlich usw.) oder permanent (bei jedem Giessvorgang in dann entsprechend angepasster Konzentration) angewendet werden.

Idealerweise wird für Flüssigdünger kalkfreies, zumindest kalkarmes Wasser benutzt, anderenfalls lagern sich die im Wasser gelösten Kalkkristalle auf der Substratoberfläche ab und bilden im Lauf der Zeit hässliche gelblich-braune Kalkablagerungen, bevorzugt am oberen Schalenrand und am Übergang vom Substrat zum Wurzelansatz. Diese Ablagerungen sind nicht nur unschön sondern für salzunverträgliche Pflanzenarten wie z.B. Azaleen gefährlich bis tödlich.


Einer der vielen Vorteile flüssiger Mineraldünger ist, dass sie auch als „Blattdünger“ verabreicht werden können, falls sie dafür konzipiert sind. Ein Vorteil der Blattdüngung ist, dass die Nährstoffe über die Blätter sofort aufgenommen werden. Das ist vor allem bei Anzeichen von Mangelernährung ein enormer Vorzug und führt bei richtiger Anwendung schnell zur Gesundung der betroffenen Pflanze.

Wird bei Blattdüngung „hartes“ also kalkhaltiges Wasser verwendet, bilden sich auf den Blättern unschöne Kalkflecken, die im Lauf der Zeit die Blätter auch schädigen. Eine Ausnahme bilden die WUXAL-Dünger, sie sind mit einem Puffersystem ausgestattet, das den pH-Wert auf 6 – 6,5 einstellt und dadurch die Entstehung von Blattflecken verringert.

 

Kalibetonte Herbstdüngung:

Der Düngezeitpunkt mit kalibetonten Düngern wie Kali-Magnesia (Patentkali) richtet sich nach dem Voranschreiten der Jahreszeit und dem Einsetzen der Herbstfärbung. Auf jeden Fall muss diese „Jahres-Abschlussdüngung“ vor dem Laubabwurf erfolgen, damit unsere Pflanzen die Nährstoffe noch aufnehmen und verarbeiten können. Kali-Magnesia fördert die Bildung von Zucker und Glykolstoffen, dadurch reifen die Triebe schneller und besser aus und die Widerstandsfähigkeit gegen Frost wird deutlich gesteigert. Kali-Magnesia-Granulat  kann in Wasser aufgelöst Ende August/Anfang September in 2 - 3 Gaben (10 - 15 g pro 10 Liter Giesswasser) verabreicht werden, wo es sofort zu wirken beginnt oder einmalig als Granulat direkt auf die Substratpberfläche  gestreut,  wo es sich geim Giessen oder durch Regen nach und nach auflöst und von der Pflanze aufgenommen wird.

 

Sonderanwendung „Blattfalldüngung“:

Bäume entwickeln gerade zur Zeit der Blattverfärbung ein sehr aktives Wurzelwachstum. Das können wir nutzen, indem wir in diesem Stadium – also direkt vor dem Blattfall – eine Sonderration Stickstoff (10g pro 10 l Giesswasser) verabreichen. Das ist jedoch nicht ganz ohne Risiko, denn bei ungünstigem Witterungsverlauf könnten die so behandelten Bäume noch einmal austreiben, was unweigerlich Frostschäden nach sich zöge. Im Normalfall werden die so noch aufgenommenen Nährstoffe vom Baum eingelagert und zur Stammverdickung und Wundheilung genutzt. Diese Methode hat leider auch den Nachteil, dass unsere Bonsai dann beim nächsten Austrieb meist übergrosse Blätter und oft auch lange Internodien bilden. Deshalb wird die Blattfalldüngung bei ausgereiften Bonsai nicht mehr angewendet.

 

Sonderanwendung Stickstoffdüngung:
Soll das Wachstum von Pflanzen beschleunigt werden („Massezuwachs“), kann eine Gabe von Schwefelsaurem Ammoniak (Ammoniumsulfat, E 517) verabreicht werden. Das hilft auch bei Eisenmalgel (Gelbfärbung der Blätter), bevorzugt bei Azaleen. Es wird mit Bedacht 2 – 3 mal im Abstand von 3 – 4 Wochen ab Juni in einer Konzentration von 10 - 20 g pro 10 Liter Giesswasser eingesetzt und nur in den Monaten von Juni bis August.
Achtung: Durch den hohen mineralischen Stickstoffanteil von  

über 20 % besteht die Gefahr des „Verbrennens“.

Um den Nitratgehalt zu regulieren, benötigen die Pflanzen Schwefel. Schwefelmangel zeigt sich durch hellgrüne oder gelbe Verfärbung der Blätter, er kann durch den hohen Schwefelanteil in Ammoniumsulfat geheilt werden. Diese Anwendung empfiehlt sich vor allem für Azaleen, bei anderen Pflanzen sollte der PH-Wert des Substrats deutlich oberhalb von PH 7,5 liegen, weil Ammoniumsulfat säuernd wirkt.

 

 Sonderanwendung Eisendüngung:
Eine andere Mangelerscheinung ist Eisenmangel. Auch hier verfärben sich die Blätter zunehmend hell, die Blattadern bleiben aber zunächst grün. Hier kann mit speziellen Eisendüngern Abhilfe geschaffen werden. Die Anwendung bzw. Anfwandmenge ist den Herstellerangaben auf der Packung zu entnehmen. Wichtig vor einer Eisendüngung ist, sicherzustellen, dass Eisenmangel durch zu hohen pH-Wert ausgeschlossen wird.
ACHTUNG: Eisendünger ist giftig! Moose sterben bei Kontakt mit Eisendünger meist ab!

 

Sauer oder basisch/alkalisch?

Besonders wichtig ist, unsere Bonsai nach ihren Ansprüchen an den PH-Wert zu unterscheiden. Die meisten Pflanzen benötigen ein leicht saures bis neutrales Milieu mit einem pH-Wert im Substrat zwischen pH 6 und 7,5. „Moorbeetpflanzen“ wie Azaleen, Rhododendren, Hortensien und manche Heidekräuter dagegen brauchen einen pH-Wert unter 6 (saures Milieu) und einen Spezialdünger, der auf diese Bedürfnisse abgestimmt ist wie z.B. Ammoniumsulfat, das in einer Konzentration von 1 bis 2 g/Liter in 2,  max. 3 Gaben ab Juni im Abstand von 3 – 4 Wochen verabreicht wird.

Alkalisch wirkende Dünger werden von kalkliebenden Pflanzen besser vertragen.


Allgemeine Anmerkungen:

Generell wird empfohlen, sich nicht nur auf einen Dünger die ganze Saison hindurch zu beschränken, da jeder Dünger einen anderen Schwerpunkt hat. Die Bonsaischule Enger empfiehlt deshalb die Flüssigdünger Mairol und Wuxal im Wechsel zu verwenden. „Während Mairol neben den Hauptnährstoffen und Spuren-elementen auch Vitamine und Phytohormone enthält, ist Wuxal stickstoffbetont und damit sehr gut zur Blattdüngung geeignet“.
Egal, ob organisch oder mineralisch gedüngt wird: Grundsätzlich werden nur gesunde Pflanzen gedüngt, niemals kranke oder frisch Umgetopfte.
Grundsätzlich düngen wir niemals auf trockenes Substrat. Salze sind hydrophil (wasseranziehend), entziehen also auch den Wurzeln Wasser. Sind die Wurzeln bereits zu trocken, werden sie durch diesen Wasserabzug beim Düngevorgang zusätzlich geschädigt und sterben in schweren Fällen sogar ganz ab (und damit schlimmsten-falls die ganze Pflanze). Deswegen muss ein ausgetrockneter Wurzelballen mindestens 1 – 2 Stunden vor dem Düngen gründlich gewässert werden.

 

Bei Nadelbäumen beginnen wir mit dem Düngen beim Öffnen der neuen Kerzen – das ist meist ab Ende Mai/Anfang Juni, also ca. 4 Wochen später als bei Laubbäumen, bei Blütenbonsai im Normalfall nach der Blüte und bei den „übrigen“ Laubbäumen und Lärchen nach dem fortgeschrittenen Austrieb der Knospen, normalerweise im Verlauf des Mai. Wird früher gedüngt, bilden die meisten Bäume sehr grosse Blätter bzw. lange Nadeln. Wird deutlich zu früh oder zu stark gedüngt, reichern sich die Nährstoffe im Substrat an, was zu mehr oder weniger schweren Wurzelschäden führen kann und damit schlimmstenfalls zum Absterben der Pflanze.
Bei Laubbäumen wird das Düngen mit Flüssigdüngern im August/September auf stickstoffarmes, kalibetontes Düngen umgestellt, wie z.B. WUXAL Top K (5-8-12), damit die neuen Triebe früh genug ausreifen und eine gute Frostresistenz entwickeln können.

Die Manna-Produktberatung (WUXAL) empfiehlt eine Anwendung erst im September, als Grund wird das sich verändernde Klima und die damit verbundene verlängerte herbstliche Wetterperiode mit entsprechend später einsetzenden Frösten genannt.

 

Ammoniumbetonte Dünger wirken versauernd, während nitrathaltige Dünger ph-stabilisierend wirken.

Demnach müsste WUXAL Super (nach Auskunft der Manna-Produktberatung) auch bei Azaleen funktionieren. Qualitätsdünger enthalten auch eine Angabe über die Stickstoffart auf der Verpackung.

 

Häufig findet man als Anfwandsempfehlung Mengenangaben wie b.B. 20g/qm. Umgerechnet bedeutet das 20 g pro 10 Liter Giesswasser.

 

 

Liebe Bonsaifreunde,
meine Veröffentlichungen beruhen auf eigenen Erfahrungen und Auswertungen der einschlägigen Fachliteratur. Wenn Diskussionsbedarf besteht oder andere Erfahrungen gemacht wurden, dann schreibt mir doch eine E-Mail: w.porath@ro-online.de

Euer
Werner J. Porath
2. Vorsitz und Schulungsbeauftragter