Arbeitsplan/Maßnahmen bei der Überwinterung unserer Bonsais
Überwinterung unserer Bonsai
Überblick
- Schneiden, Pflegen und Gestalten, Umtopfen:
Nach dem Laubfall erkennen wir klar, welche Zweige an der falschen Stelle oder in die falsche Richtung wachsen oder abgestorben sind und jetzt korrigiert oder entfernt werden sollten. Auch aus der Silhouette herausragende Zweige können nun eingekürzt werden.
Vor dem Einwintern sollten die Bonsai entdrahtet werden.
Umtopfen ist im Winter ebenfalls möglich, vorausgesetzt, die Überwinterung erfolgt frostfrei. Besser wartet man damit aber bis zum Frühjahr. - Einwintern:
Frostempfindliche Bonsai und Beistellpflanzen beziehen bereits vor den ersten leichten Frösten ein frostsicheres Winterquartier, frostverträgliche Arten werden vor Eintreten stärkerer Fröste eingewintert.
Vor der Einwinterung werden Stamm, Äste und Schalen gereinigt und die Substratoberfläche von Unkraut befreit.
Auch unseren wertvollen Werkzeugen sollten wir angemessene Pflege angedeihen lassen. - Giessen und Düngen:
Unser Hauptaugenmerk liegt im Winter auf der Kontrolle von Ballenfeuchtigkeit und Schädlingsbefall. Die Ballen dürfen nicht vollständig austrocknen und Schädlingsbefall ist bereits im Ansatz zu unterdrücken.
Düngen entfällt im Winterquartier, Ausnahmen sind warm und hell überwinternde Indoors. - Pflanzenschutz, Krankheiten und Schädlinge
Vor der Einwinterung werden die Pflanzen auf Krankheiten und Schädlingsbefall kontrolliert und gründlich gereinigt. Eine vorbeugende, gründliche Spritzung mit ölhaltigen Präparaten (Winteröl, Austriebs-spritzmittel) oder verdünntem Jinmittel tötet auch Überwinterungsstadien zuverlässig ab.
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Unser Hauptaugenmerk gilt nun der Einwinterung unserer Bonsai
Alle einheimischen Pflanzen und jene, die in vergleichbaren Klimazonen beheimatet sind, vertragen im Normalfall tiefe Temperaturen und Frost, die meisten brauchen diese tiefen Temperaturen sogar, um ihre Winterruhe einhalten zu können. Die Überwinterung beginnt bevor die Temperaturen unter – 5° C absinken und endet mit dem Ausklingen stärkerer Fröste – je nach Lage – etwa Ende Februar bis Anfang März.
Doch Bevor wir unsere Bonsai in die winterliche Ruhezeit schicken sollten wir an einige Vorbereitungen denken.
Drahten, Entdrahten, Schneiden, Umtopfen und Gestalten:
Bei bereits fertig gestalteten Bonsai beschränken wir uns auf die Korrektur der Silhouette. Wir entfernen abgestorbene und in die falsche Richtung gewachsene Zweige, zu lange Zweige werden gekürzt, um ihre Form zu ordnen und die Verzweigung zu verfeinern.
Noch in der Gestaltungsphase befindliche Bonsai werden auf den nächsten Frühjahrsaustrieb vorbereitet.
Besonders die herbstlichen Arbeiten an Nadelbäumen (Nadelschnitt, Auslichtungs- und Triebschnitt auch Drahten, Formen und Umtopfen) können auch im Winter weitergeführt werden, vorausgesetzt, diese Bonsai werden frostfrei überwintert. Bei diesen Arbeiten entstehen unweigerlich Verletzungen wie Risse in der Rinde, die in Kombination mit Frost den Baum gefährden oder zumindest die bearbeiteten Äste und Zweige oder Wurzeln zum Absterben bringen können.
Dasselbe gilt für das Entdrahten. Alte Drähte sollten vor der Einwinterung abgenommen werden, weil ihre hohe Kälteleitfähigkeit das Pflanzengewebe schädigen kann. Ist die Formung noch nicht abgeschlossen, bleibt der Draht am Baum, dann sollte die Überwinterung frostfrei erfolgen.
Auch Schnittmassnahmen wie Formerhaltungsschnitt an Laubbäumen, die im Freien überwintern, können in der winterlichen Ruhezeit erfolgen, weil ihr laubnackter Zustand nun eine ungehinderte Begutachtung ermöglicht.
Ein Schnitt darf grundsätzlich nicht an gefrorenen Zweigen erfolgen. Um das Eindringen von holzzerstörenden Pilzen zu unterbinden, sollten die Schnittstellen mit Wundverschlus-smittel abgedichtet werden.
Reinigung:
Die Einwinterung ist die ideale Gelegenheit, unsere Bonsai (und unser Werkzeug!) zu reinigen, also Moose, Flechten und Algen an Holz und Schalen zu entfernen aber auch Pilzsporen sowie Eier und Überwinterungsstadien von Schädlingen. Dabei darf die Rinde nicht verletzt werden. Am einfachsten geht das mit einer harten Zahnbürste, einer Messingbürste oder mit einem Hochdruckreiniger mit reduziertem Wasserdruck.
Zur Vorbeugung gegen Schimmel und Fäulnis sollen auch alte Blätter und Nadeln entfernt werden.
Überwinterung im Freien:
Die einfachste Möglichkeit der Überwinterung ist, den Bonsai samt Schale an einem schattigen, geschützten Platz ins Erdreich einzusenken. Gute Bonsaischalen lassen keine Feuchtigkeit durch. Gefriert der Wurzelballen in nassem Zustand, dehnt sich der Wurzelraum jedoch aus und kann die Schale sprengen. Um dieses Risiko auszuschalten, können unsere Bonsai und natürlich auch Beistellpflanzen vor dem Eintreten stärkerer Fröste ausgetopft und in den Boden eingesenkt werden. Das Risiko dabei ist, dass im Boden lebende Schädlinge in den Wurzelballen einwandern.
Die Überwinterung kann im Garten geschehen oder in einem zur Hälfte mit Sand, Torf oder Ähnlichem gefüllten und oben offenen Behälter. Dabei ist wichtig, auch die Oberfläche des Wurzelballens mit einer dünnen Schicht zu bedecken. Bei Einsetzen starker Fröste kann dieser Behälter mit einem hellen Flies abgedeckt werden, auf jeden Fall muss aber der Luftaustausch gewährleistet bleiben.
Wichtig ist, dass die Überwinterung – besonders im ausgehenden Winter – vor direkter Sonneneinstrahlung geschützt erfolgt, also z.B. hinter Mauern, Bäumen oder hohen Büschen. Notfalls muss schattiert werden. Eine interessante Lösung ist auch die Überwinterung in Lichtschächten vor Kellerfenstern oder in Frühbeeten. Der grösste Feind unserer Pflanzen im Winter ist neben der Sonne der Wind, er trocknet das Substrat aus. Die meisten Verluste im Winter entstehen nicht durch Erfrieren, sondern durch Vertrocknen.
Überwinterung im Kalthaus:
Unterbringung im Kalthaus, einem unbeheizten oder frostfrei gehaltenen Gewächshaus, ist eine häufig praktizierte Überwinterungsmethode für Bonsai. Es ist ausreichend Licht vorhanden, die Temperaturen sind niedrig, Wind kann unseren Pfleglingen nicht gefährlich werden und ausreichende Belüftung sollte kein Problem sein.
Auch im Kalthaus überwinternde Pflanzen müssen regelmässig auf ihren Feuchtigkeitszustand und auch auf Schädlingsbefall kontrolliert werden. Ganz besonders jedoch ist auf die meist schnelle und starke Erwärmung an winterlichen Sonnentagen zu achten, dann ist gründlich zu lüften. Im Kalthaus werden vor allem Pflanzen überwintert, die spät im Herbst noch umgetopft wurden oder an denen auch noch im Winter Gestaltungsarbeiten vorgenommen werden, sie würden bei stärkeren Frösten im Freien Schaden nehmen. Ein zu hoher Temperaturanstieg über ++5 bis + 8 ° C muss vermieden werden, bei Bedarf (Sonneneinstrahlung!) muss ausgiebig gelüftet werden.
Auch für die Anlage von Shari-Partien an Koniferen, vor allem Wacholdern, ist die winterliche Ruhephase eine gute Zeit.
Überwinterung im (Wohn-)Haus oder im beheizten Gewächshaus:
Steht keine Möglichkeit zur Überwinterung frostverträglicher Bonsai im Aussenbereich oder einem Kalthaus zur Verfügung, ist die letzte
Möglichkeit das Wohnhaus. In diesem Fall ist der kühlstmögliche Ort zu wählen und die Aufstellung der Bonsai und Begleitpflanzen sollte so hell erfolgen wie nur möglich. Dabei sollte direkte Sonneneinstrahlung vor allem in der Mittagszeit unbedingt vermieden werden.
Für tropische und subtropische Pflanzen wie beispielsweise unsere Ficus-Arten oder Sukkulente ist eine Überwinterung im Wohnbereich/beheizten Gewächshaus auf jeden Fall unerlässlich. Auch sie sollten jedoch nicht übermässig warm gehalten werden und maximal hell stehen. Ficus-Arten reagieren bei Standortwechsel meist mit Blattabwurf, dasselbe passiert bei Zugluft oder zu nassem Stand. Auch hier schadet häufiges Lüften nicht, frische Luft ist gesund, nicht nur für uns Menschen!
Überwinterung von „Indoors“:
Pflanzen die aus wärmeren Zonen stammen, ertragen keinen oder nur sehr geringen Frost und überwintern in frostgeschützten aber hellen Räumen.
Entscheidend ist hier das Zusammenspiel zwischen Licht, Bodenfeuchtigkeit und Temperatur: Je kühler der Raum, je weniger muss gegossen werden und die Pflanzen kommen dann auch mit weniger Licht aus.
Besondere Beachtung müssen wir einigen „Sukkulenten“ (Pflanzen, die Wasser in Stamm, Blatt oder Wurzeln speichern) schenken, wie z.B. Crassula-Arten und besonders Adenium obesum. Diese meist aus Afrika stammenden Arten überwintern ideal bei 8 - 10 ° C aufwärts und können dann vollkommen trocken stehen. Diese Arten überwintern besser in geheizten Wohnräumen, idealerweise direkt am Fenster.
Generell gilt: Je mehr Licht, umso besser. Indoors holen wir deutlich vor den ersten Nachtfrösten ins Haus und erst nach den Eisheiligen können sie wieder in die „Sommerfrische“. Indoors ganzjährig im Haus zu halten ist nicht empfehlenswert, durch die geringere Lichtintensität würden sie schwach und schädlingsanfällig und verlören ihre schöne kompakte Gestalt.
Giessen:
Unsere Bonsai brauchen auch im Winter Wasser. Auch wenn sie jetzt nicht erkennbar wachsen, verdunsten sie trotzdem Feuchtigkeit. Je nach Überwinterungsort ist zwar der Wasserbedarf nun weitaus geringer als im Sommer aber die Wurzelballen unserer Pflanzen dürfen auch im Winter nicht austrocknen. Das trifft besonders für Immergrüne und Nadelbäume zu, die auch im Winter noch weiterwachsen aber auch die Laubabwerfenden dürfen nicht vernachlässigt werden.
Düngen:
Düngen ist bei überwinternden Bonsai tabu. Ausnahmen sind Pflanzen aus den Subtropen und Tropen, die warm überwintern, z.B. in Wohnräumen. Sie können gelegentlich ein wenig Dünger bekommen aber nur wenn sie kerngesund sind und niemals auf den trockenen Ballen.
Pflanzenschutz, Krankheiten und Schädlinge, Zustandskontrolle:
Wie schon erwähnt, müssen unsere Bonsai so überwintert werden, dass sie jederzeit bequem zu kontrollieren sind. Besonderes Augenmerk richten wir – neben ausreichend Feuchtigkeit im Wurzelbereich – den jetzt gehäuft auftretenden Schädlingen. Das sind bevorzugt Schildläuse, Wurzelläuse, Spinnmilben („Rote Spinne“) und teilweise auch Blattläuse. Auch Schnecken können vor allem Beistellpflanzen schädigen.
Zur vorbeugenden Bekämpfung von überwinternden Schädlingen und ihren Überwinterungsstadien bietet sich die Zeit vom Spätherbst bis zum Nachwinter an.
Besonders gegen Schild-, Woll-, Blut-, Schmier- und Blattläuse und Milben und deren Eier, helfen Weissöle („Winteröl“, „Austriebsspritzmittel“).
Verdünnte Jinmittel-Lösung, also wässrige Schwefelkalk-Lösung (Calciumsulfat) wirkt ausserdem als vorbeugendes Fungizid, also zur Bekämpfung von Pilzbefall und bakteriellen Erregern. Es kann im Wechsel mit Weissöl angewendet werden. Jinmittel wird nie am trockenen Holz verwendet. Man besprüht die Pflanzen vorher mit Wasser und sprüht die wassernassen Pflanzen komplett mit der Jinmittel-Lösung tropfnass. Zuvor muss die
Substrat-Oberfläche abgedeckt werden. Bei Anwendung von Jinmittel-Lösung ist darauf zu achten, dass die Pflanzen nach Anwendung vollständig abtrocknen, damit sie das Mittel nicht aufnehmen. Ausserdem ist eine Anwendungs-temperatur von mindestens 5° C nötig.
Bei Wiederholung oder im Wechsel von Weissölen und Jinmittel-Lösung sollte eine Wartezeit von 8 – 14 Tagen eingehalten werden, die Anwendung erfolgt im Herbst nach dem Laubfall und idealerweise im Winter von Ende Januar bis Mitte Februar.
Die Jinmittel-Lösung besteht für winterkahle Pflanzen aus 50 – 100 ml Jinmittel auf 1 Liter Wasser und 20 – 30 ml für Wintergrüne.
Wer Schädigungen an seinen Pflanzen durch den Ölfilm befürchtet, der sich durch Weissöle bildet, sollte diese Spritzung auf den Nachwinter verlegen. Durch das Entfernen abgestorbener Blätter und Nadeln beugen wir Schimmelbefall vor. Mit einer gründlichen Herbstreinigung ist hier schon viel gewonnen.
Besonders aufmerksam beobachten wir aber den Allgemeinzustand unserer Pfleglinge. Bei Gefahr ist sofortiges Handeln angesagt, geschädigte Pflanzen müssen frostfrei aufgestellt werden.
Link PFKANZENSCHUTZ KRANKHEITEN SCHÄDLINGE:
https://www.bonsai-inntal.de/wissen-allgemein-wissen-pflanzenschutz-schaedlinge.html
Artenspezifische Hinweise:
Es gibt Arten, die gegen Frost im Wurzelbereich empfindlich sind. Dazu gehören Pflanzen mit dickfleischigen Wurzeln wie
- Gingko, Magnolie, Dreispitzahorn. Diese wurzelempfindlichen Arten sollten (mit oder ohne ihren Schalen) in den Boden eingesenkt – oder noch besser – im Kalthaus überwintert werden.
- Eine besondere Behandlung benötigen auch die hochsukkulenten Adenien (Adenium obesum). Insbesondere die Kombination Feuchte und Kälte (bereits unter + 8 - 10 ° C!) ist ihr Feind und sie beginnen dann schnell zu faulen. Adenien überwintern am Besten auf der Fensterbank im Wohnzimmer, (gerne über einem Heizkörper), dann können sie auch den Winter über normal gegossen werden.
- Ficus-Arten („Gummibäume“) sollten nicht übermässig warm aber so hell wie möglich stehen. Sie reagieren bei Standortwechsel meist mit Laubabwurf, dasselbe passiert bei Zugluft oder zu nassem Stand.
- An Ahornen und anderen zu starkem „Bluten“ neigenden Arten werden unmittelbar nach dem Laubfall die Triebe aus der zurückliegenden Wachstumsphase beschnitten. Damit verhindern wir starken Saftaustritt, da die Bäume jetzt kaum mehr Wasser aufnehmen. Auch überflüssige Knospen werden jetzt entfernt, um die Bildung von unschönen Verdickungen an Stellen mit mehreren Knospen zu vermeiden.
- An Nadelbonsai, vor allem Wacholdern, können jetzt Shari-Partien angelegt bzw. erweitert werden, sofern sie frostfrei überwintert werden.
Werkzeugpflege:
Gutes Werkzeug braucht gute Pflege. Damit das teure Werkzeug zu Beginn der nächsten Saison sofort einsatzbereit ist, befreien wir nun unsere Scheren und Zangen von Rost und vor Allem von eingetrocknetem Harz und Pflanzensaft. Verwenden wir dazu hochprozentigen Alkohol (Spiritus). Damit wird gleichzeitig ein gewisser desinfizierender Effekt erzielt. Auch für das Schärfen der Klingen ist jetzt die ideale Zeit. Anschliessendes leichtes Einölen der Klingen und aller beweglichen Teile helfen auch unserem wertvollen Werkzeug durch den Winter.
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Liebe Bonsaifreunde,
meine Veröffentlichungen beruhen auf eigenen Erfahrungen und Auswertungen der einschlägigen Fachliteratur. Wenn Diskussionsbedarf besteht oder andere Erfahrungen gemacht wurden, dann schreibt mir doch eine E-Mail: w.porath@outlook.de
Euer
Werner J. Porath
2. Vorsitz und Schulungsbeauftragter